Um die Unklarheiten rund um die Pflanzenpasspflicht zu klären hat ARCHE NOAH das Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT) zur Auslegung der Verordnung befragt. Die Antworten fassen wir hier kurz für euch zusammen:
- HobbygärtnerInnen müssen für die Weitergabe von Saatgut keine Pflanzenpässe ausstellen. Dies gilt unabhängig davon, ob sie Saatgut an HobbygärtnerInnen oder UnternehmerInnen weitergeben.
Was bedeutet Fernabsatz?
Laut § 3 Z. 2 FAGG bezeichnet der Ausdruck „Fernabsatzvertrag“ jeden Vertrag, der zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems geschlossen wird; wobei bis einschließlich des Zustandekommens des Vertrags ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet werden.
Das BMLRT hat bestätigt, dass das ARCHE NOAH Online Sortenhandbuch kein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem, sondern ein Verzeichnis pflanzengenetischer Ressourcen zur Erfassung und Verbreitung seltener und gefährdeter Sorten von Kulturpflanzen. Das ARCHE NOAH Sortenhandbuch an sich löst also keine Pflanzenpasspflicht aus.
Ob ein Geschäft zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher ohne körperliche Anwesenheit der beiden im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystem geschlossen wird, hat die Behörde im Einzelfall zu prüfen. Die folgenden fiktiven Beispiele können daher nur der Einschätzung dienen:
- Unternehmerin A bietet Saatgut von geregelten Arten an und hat keinen direkten Verkauf. Der Vertrieb erfolgt an Endkunden. Bestellung und Vertragsabschluss müssen ausschließlich über Fernkommunikationsmittel (zB. Webshop, Email oder Telefon) erfolgen. Es liegt Fernabsatz vor, der Betrieb ist somit passpflichtig.
- Unternehmerin B bietet Saatgut von geregelten Arten im Hofladen, am Bauernmarkt und im ARCHE NOAH Sortenhandbuch an. Der Vertrieb erfolgt direkt an Endkunden. Die Abgabe im Hofladen und am Bauernmarkt kann ohne Pflanzenpass erfolgen. Für die Weitergabe über das ARCHE NOAH Sortenhandbuch ist es entscheidend, ob der Vertragsabschluss im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystem geschlossen wird und ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet werden, beziehungsweise ob der Vertrag auch direkt, ohne Fernkommunikationsmittel zustande kommen kann. Da kein eigenes Vertriebssystem (zb. Webshop) genützt wird und es auch möglich ist, das Saatgut am Hof zu begutachten oder direkt ab Hof zu kaufen liegt für Unternehmerin B keine pflanzenpasspflicht vor)
- Unternehmerin C bietet Saatgut im ARCHE NOAH Sortenhandbuch und in ihrem Webshop an. Da die Unternehmerin mit dem Webshop ein organisiertes Vertriebs- oder Dienstleistungssystem hat und eine Begutachtung des Saatgutes am Hof nicht möglich ist liegt Fernabsatz vor, der Betrieb ist somit passpflichtig.
Den Einzelfall kann nur die Behörde beurteilen. Laut WKO ist jedoch zum Beispiel ein Web-Shop oder eine automatisierte telefonische Bestellmöglichkeit als organsiertes Vertriebs- und Dienstleistungssystem anzusehen und fällt daher unter den Fernabsatz. Fallweise eingehende telefonische Bestellungen sind nicht dem Fernabsatz zuzuordnen.
Generell liegt Fernabsatz laut § 1 Z. 2 FAGG nur bei Summen über 50€ vor.
Dieses Bundesgesetz gilt – soweit in § 8 Abs. 4 nicht anderes bestimmt ist – nicht für Verträge, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden (§ 3 Z 1) und bei denen das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt den Betrag von 50 Euro nicht überschreitet.