Nagoya Glossar
Was bedeutet...?
In unserem "Nagoya ABC" finden Sie Erklärungen und Hintergründe zu wesentlichen Begriffen.
Nach Art. 2 der Konvention bedeutet "biologische Vielfalt" die Variabilität unter lebenden
Organismen jeglicher Herkunft, darunter unter anderem Land-, Meeres- und sonstige
aquatische Ökosysteme und die ökologischen Komplexe, zu denen sie gehören; dies
umfasst die Vielfalt innerhalb der Arten und zwischen den Arten und die Vielfalt der
Ökosysteme.
Die Einhaltung von Rechtsvorschriften. Nutzer von genetischen Ressourcen können auf ihre Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben aufgrund der EU-Verordnung 511/2014 behördlich überprüft werden.
siehe "ursprungsland"
"Sorgfaltspflicht" - siehe dort
Ein wichtiges Nagoya-Prinzip: Die Weitergabe genetischer Ressourcen muss auf Basis eindeutig vereinbarter Bedingungen erfolgen. Wie darf die genetische Ressource ausgetauscht und genutzt werden, wie muss der Vorteilsausgleichs erfolgen, wenn es zu kommerzieller Verwertung kommt? Dies wird meist mit einer Vereinbarung zur Weitergabe von Material bzw. «Material Transfer Agreement (MTA)» geregelt.
Beispiel: Wenn Sie Material aus einer Genbank erhalten, wird ein (S)MTA zu unterzeichnen sein, das Sie selbst als Kopie mit dem Material weitergeben müssen. ARCHE NOAH hat eine eigene Modell-Vereinbarung zur Weitergabe von Saat- und Pflanzgut im ARCHE NOAH Netzwerk (Kurzbezeichnung «mMTA») entwickelt, die für alle ARCHE NOAH Mitglieder gilt, ebenso wie für jede natürliche oder juristische Person, die diese unterzeichnet hat (siehe unten).
Englisches Fachvokabel: "Mutually Agreed Terms, MAT"
Verordnung (EU) Nr. 511/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Maßnahmen für die Nutzer zur Einhaltung der Vorschriften des Protokolls von Nagoya über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile in der Union.
Inkraftgetreten am 14.10.2014. Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
"Genetische Ressourcen" sind genetisches Material von tatsächlichem oder
potentiellem Wert. Entsprechend ist nach der Konvention über biologische Vielfalt "genetisches Material" jedes Material pflanzlichen, tierischen, mikrobiellen oder sonstigen Ursprungs, das
funktionale Erbeinheiten enthält (Art. 2 CBD). Die biologische Information muss nicht
ausschließlich genetischer Natur sein; so ist z.B. auch die in der Ressource enthaltene
biochemische Information erfasst.
Dies ist ein wichtiges Nagoya-Prinzip und bedeutet: Bevor man Pflanzenmaterial an sich nehmen darf, ist die informierte Zustimmung derjenigen Person einzuholen, die berechtigt ist, das Pflanzenmaterial weiterzugeben. Einfach nehmen, ohne zu fragen, wie dies jahrzehntelang mit lokalen Ressourcen und indigenen Gemeinschaften geschah, diese unfaire Praxis soll damit eingestellt werden.
Zur Dokumentation der Informierten Zustimmmung können die von ARCHE NOAH entwickelten PIC Formulare verwendet werden (PIC kommt vom englischen Fachausdruck für "Informierte Zustimmung": "Prior Informed Consent".)
In Staaten, die den Zugang zu genetischen Ressourcen regulieren, ist die vorherige Zustimmung der zuständigen Behörde einzuholen.
Wenn Sie also Material – sei es am Feld oder auf Bauernhöfen etc. - sammeln wollen, klären Sie bitte zuerst, wer Ihnen die Zustimmung dazu erteilen kann. Je nach Land ist dies entweder 1) der Besitzer oder 2) die zuständige Behörde. In Fall 1) sollte dieser ein PIC Formular unterzeichnen; theoretisch ist auch eine mündliche Vereinbarung möglich, diese sollten Sie jedoch gut dokumentieren. In Fall 2) sollten Sie die zuständige Behörde kontaktieren. Einige Länder haben strenge Gesetze erlassen, die den unrechtmäßigen Zugang zu genetischen Ressourcen mit Strafen belegen – beispielsweise Indien, Brasilien oder die Türkei. Näheres dazu in unserer Länderliste.
Die Konvention über die biologische Vielfalt (CBD) von 1992 sucht die Erhaltung der Biodiversität zu schützen. In der Konvention wurde die "nationale Souveränität" an genetischen Ressourcen grundsätzlich festgelegt (im Gegensatz zur früheren Auffassung von genetischen Ressourcen als "gemeinsames Erbe der Menschheit").
zu deutsch: Einvernehmlich vereinbarte Nutzungsbedingungen. Siehe dort.
Das «Nagoya-Protokoll» ist ein völkerrechtlich verbindliches internationales Abkommen, angenommen am 29. Oktober 2010 in Nagoya, Japan, Inkraft getreten am 12. Oktober 2014. Seine Wurzeln liegen in der Konvention über die biologische Vielfalt (CBD) von 1992 (siehe dort).
Diesbezeichnet die Macht von Staaten, in ihrem Hoheitsgebiet über Regelungen zu entscheiden und diese zu kontrollieren. Im Kontext von CBD und Nagoya gilt grundsätzlich nationale Souveränität über genetische Ressourcen.
Österreich und Deutschland üben diese allerdings nicht aus – das Recht, einer dritten Person Zugang zu einer genetischen Ressourcen zu gewähren, liegt somit bei jener (natürlichen oder juristischen) Person, die die genetische Ressource rechtmäßig besitzt.
Dies ist jedoch von Land zu Land verschieden. Einen kurzen Überblick, wie EU Staaten die nationale Souveränität ausüben, finden Sie in unserer Ländercheckliste.
Ein Beispiel zur nationalen Souveränität: Wenn der Staat, in dem Sie leben, beschlossen hat, den Zugang zu genetischen Ressourcen per Gesetz zu regeln, dann können Sie zwar jemanden einen Apfel vom Baum in Ihrem Garten zu essen geben, Sie können dieser Person aber nicht das Recht erteilen, den Apfel als «genetische Ressourcen» zu nutzen – das könnte nur die zuständige Behörde.
Nutzer genetischer Ressourcen - "User of genetic resources"
Nutzer ist jedes Individuum oder jede Institution, die Zugang zu genetischen Ressourcen vom Ursprungsland oder von dem genetische Ressourcen zur Verfügung stellenden Land erhält. Dieser Begriff ist in der Konvention über biologische Vielfalt definiert.
Eine «Nutzung genetischer Ressourcen» im Sinne des Nagoya-Protokolls liegt dann vor, wenn Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten durchgeführt werden, die Auswirkungen auf die genetische und / oder biochemische Zusammensetzung der genetischen Ressource haben. Darunter fallen also auch Anbau und Selektion. Forschungsaktivitäten und die Entwicklung kommerzieller Produkte führen jedenfalls zu gesetzlichen Verpflichtungen, den Bereitsteller der Ressource aufzuspüren und Vorteile zu teilen.
Englischer Fachausdruck, zu deutsch: "Informierte Zustimmung" - siehe dort!
Der Standard-Materialtransfervertrag ist ein Pflichtmodell für Parteien, die genetische Ressourcen im Rahmen des multilateralen Systems bereitstellen und erhalten möchten. Sie ist das Ergebnis langwieriger Verhandlungen zwischen den Vertragsparteien des Saatgut-Vertrags (International Treaty on Plant Genetic Ressources for Food and Agriculture) und darf in keiner Weise abgeändert oder abgekürzt werden. Viele Genbanken verwenden für den Transfer von Kulturarten, die im multilateralen System enthalten sind, ein SMTA.
Sorgfaltspflicht bedeutet, dass die Nutzer von genetischen Ressourcen rechtlich verpflichtet sind, mit aller gebotenen und zumutbaren Sorgfalt vorzugehen, um sicherzustellen, dass die Bewegungen und Nutzung der genetischen Ressourcen nachvollziehbar dokumentiert werden. Nutzer können auf ihre Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben («Compliance») aufgrund der EU-Verordnung 511/2014 behördlich überprüft werden.
Ursprungsland des Pflanzenmaterials / der genetischen Ressourcen ("Country of origin") ist das Land, das diese genetischen Ressourcen unter "In-situ-Bedingungen" besitzt. Unter "In-situ
-Bedingungen" versteht die Konvention über biologische Vielfalt die Bedingungen, unter denen genetische Ressourcen in Ökosystemen und natürlichen Lebensräumen und - im Fall domestizierter oder gezüchteter Arten - in der Umgebung, in der sie ihre besonderen Eigenschaften entwickelt haben, leben.